Wer träumt nicht davon, einmal eine Nacht auf einem rot-weiß gestreiften Leuchtturm zu verbringen, fernab von der Hektik und dem Lärm des Alltags, der Blick gerichtet auf die Natur und das Schauspiel der Gezeiten, mit einem edlen Tropfen Wein und einem guten Buch in der Hand.
Einen ehemaligen Leuchtturm erwerben, restaurieren, wiedererrichten und damit vor der Verschrottung zu bewahren – ein Herzensprojekt. Im Januar 2019 habe ich mich auf diese spannende Reise begeben und die Herausforderung als Privatperson angenommen. In den Jahren 1961 / 62 wurde die Richtfeuerlinie Eckwarden gebaut und eingeweiht. Sie verrichtete bis 2012 ihren Dienst in der Jade. Das Unterfeuer Eckwarden diente darüber hinaus auch als Quermarken-, Leit- und Warnfeuer.
Mit dem Bau des Jade-Weser-Ports haben sich 2012 die Fahrwasser vor Wilhelmshaven geändert und die Feuer wurden gelöscht. Während das Oberfeuer in letzter Minute als technisches Denkmal gerettet werden konnte, ereilte das Unterfeuer, welches sich nordwestlich im Solthörner Watt befand ein anderes Schicksal. Es wurde durch ein Wilhelmshavener Bergungsunternehmen 2012 demontiert, auf dem Betriebsgelände abgelegt und viel in den Dornröschenschlaf. Anfang 2019 fanden Räumarbeiten auf dem Gelände statt und das Unterfeuer wurde im Internet zum Verkauf angeboten.
Ein Bekannter hat mich – eher aus Spaß – auf die Verkaufsanzeige aufmerksam gemacht. Nach einem kurzen Telefonat habe ich mich gleich am nächsten Tag, es war der 3. Januar 2019, auf den Weg nach Wilhelmshaven gemacht, um den demontierten Turm zu besichtigen.
Schnell war die Idee geboren, den Turm in meinem Heimatort Spieka-Neufeld wieder zu errichten und als einzigartiges Übernachtungserlebnis für Gäste aus nah und fern zu öffnen. Ob und inwiefern sich diese Idee umsetzten ließe, lag zu dem Zeitpunkt noch völlig im Dunkeln. Trotz dieser Ungewissheit unterschrieb ich am nächsten Tag den Kaufvertrag, nachdem die Transportfrage von Wilhelmshaven nach Nordholz geklärt war.
Bereits in der folgenden Woche habe ich unserem Gemeindebürgermeister Marcus Itjen meine Pläne vorgestellt und um eine Einschätzung zur Genehmigung des Projektes und um die Unterstützung bei der Suche eines geeigneten Standorts gebeten. Nachdem in Wilhelmshaven die Galerie des Leuchtturms mit dem Schneidbrenner abgenommen wurde und das Dach abgeschraubt war, konnte am 15. März 2019 der Schwertransport nach Nordholz erfolgen.
In seiner neuen Heimat wurde der Turm gespannt von Freunden, Nachbarn, dem Bürgermeister und einer handvoll Medienvertretern erwartet. Vor Ort galt es den Turm vom Tieflader auf ein Chassis zu verladen und zunächst bei mir hinter der Werkstatt abzustellen. Was folgte war eine Leuchtturm-Willkommens-Party in der Werkstattbar, die bis zur nächsten Morgendämmerung dauern sollte.
Nachdem ich im April 2019 erste positive Rückmeldungen der Gemeinde und des Landkreises erhalten habe, habe ich parallel zur Bauplanung mit der Restaurierung begonnen. Es wurden die größtenteils gerissenen Scheiben demontiert und von Korrosion befallene Bereiche sandgestrahlt. Danach war Millimeterarbeit gefragt. Der gut 10 Tonnen schwere Turm wurde auf dem Chassis in die Werkstatt bugsiert.
Nun musste ich mich in Geduld üben. Bevor nicht konkrete Baupläne erstellt und mir keine Einschätzungen eines Experten für baurechtliche Belange vorlagen machte ein weiterer Ausbau keinen Sinn. Auch die Versorgung mit der nötigen Infrastruktur wie Wasser, Abwasser und Strom, gestaltete sich an meinem Wunschstandort im Deichvorland von Spieka-Neufeld zumindest im Winterhalbjahr schwierig, da diese nach der Saison teilweise zurückgebaut wird.
Nach dem ich mir reichliche Ideen und Lösungen für den Aus- und Umbau gemacht hatte, ging es dann ab Januar 2020 in großen Schritten voran.
Ich konnte ein Bremerhavener Architektur- und Ingenieurbüro für die Erstellung der Bauzeichnungen, Gründungsberechnungen und bei Fragen zu baurechtlichen Themen für das Projekt gewinnen. Parallel hat die Gemeinde offiziell beschlossen, das Projekt in der Durchführung zu unterstützen und mir mein Wunschgrundstück am Hafen in Spieka-Neufeld zur Verfügung zu stellen. Im Mai konnte ich den fertigen Bauantrag der Gemeinde übergeben.
Die Baugrundsondierung Anfang Juni 2020 lieferte positive Ergebnisse. Für die Gründung des Turms soll ein Rohr mit 1750mm Durchmesser entsprechend des Schaftes in den Boden eingetrieben werden, auf welches der Turm anschließend aufgeschweißt wird.
Auch die Probleme mit den Versorgungsleitungen konnten mittlerweile gelöst werden. Wasser und Abwasser können an die vorhandenen Leitungen angebunden werden. Der Turm erhält unter dem Anbau, sturmflutgeschützt eine eigene Abwasserdruckpumpe, die in die vorhandene Abwasserdruckleitung einspeist. Einzig für die Stromversorgung des Turms muss ein 350m langes Kabel verlegt werden.
Aktuell gehen die Stahlbauarbeiten bei mir in der Werkstatt zügig voran. Dabei ist es so, dass ich alle Arbeiten am Turm von der Idee bis zur Ausführung selber umsetze. In meiner Werkstatt verfüge ich über alle nötigen Maschinen, von großen Schweißapparaten, Bohr und Biegemaschinen bis zu Tischlereimaschinen für den folgenden Innenausbau.
Der Bau und die genaue Ausrichtung des zweiten Abschnitts der Wendeltreppe stellten dabei die größte Herausforderung dar. Ursprünglich führte nur eine Leiter die letzten 3 Meter in das Laternenhaus. Das war aus baurechtlicher Sicht und natürlich auch für die Gäste nicht zumutbar. Jetzt führt eine zweite Wendeltreppe von der Plattform im Schaft direkt in das ehemalige Laternenhaus. Dabei ist es so, dass dafür der Platz unter dem Bett, welches sich auf Fensterhöhe befinden wird ideal genutzt wird.
Wie zu Beginn erwähnt, soll der Turm künftig als Übernachtungserlebnis für Gäste geöffnet werden, um mit den Einnahmen den Unterhalt und damit den Erhalt langfristig zu sichern.
Im ehemaligen Laternenhaus wird sich der Schlaf- und Aufenthaltsbereich befinden, der einen spektakulären Ausblick bietet. Am Fuße des Turms wird ein sturmflutsicherer Anbau aus Stahl angesetzt der sich harmonisch in das Bild einfügt und das Bad und den Eingang zum Turm beherbergt.
Im Inneren soll die Historie des Seezeichen für die Gäste sichtbar werden. Bereits im Sommer 2019 konnte ich alle Unterlagen, Bauzeichnungen und sogar Fotos der Errichtung im Jahre 1962 sichern. Diese Dokumente lagerten noch bis 2017 beim WSA Wilhelmshaven und wurden danach glücklicherweise dem Verein des Oberfeuers Eckwarderhörne übergeben.
Ein spannendes Projekt, das nicht nur den langfristigen Erhalt eines ehemaligen Seezeichens sichert, sondern auch in seiner Umsetzung, von der Idee bis zur Ausführung, einzigartig sein dürfte.